Eisenberg. Saale-Holzland: Erfahrung versus Neueinstieg – Was die Kontrahenten Michael Kieslich (CDU) und Rico Walter (parteilos) in die Waagschale werfen.

Am Sonntag wird es in Eisenberg noch einmal spannend. Weil der erste Wahlgang um das Amt des Bürgermeisters kein eindeutiges Ergebnis brachte, muss nun die Stichwahl entscheiden, ob Amtsinhaber Michael Kieslich (CDU) bleibt oder ob er den Chefsessel für den parteilosen Rico Walter räumen muss. Kieslich lag nach dem ersten Wahlgang am 26. Mai mit 47,9 Prozent der Stimmen vorn, Walter folgte mit 28,9 Prozent. Etwa 5000 Eisenberger hatten von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht.

Nun wird die Bürgerschaft der Kreisstadt nochmals an die Wahlurnen gebeten. Wie ist die Stimmung bei den Kontrahenten? Welche Hoffnungen, Vorstellungen und Wünsche verbinden sie mit der alles entscheidenden Wahl am 9. Juni? Wir haben Michael Kieslich und Rico Walter nochmals um ein Gespräch gebeten.

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Anders als Walter musste Kieslich neben dem Wahlkampf seine Amtsgeschäfte weiterführen und das Mohrenfest, das dieses Jahr zusätzlich 750 Jahre Stadtrecht einbindet, mit vorbereiten. Mit einer Stimmenmehrheit wäre die Sache Ende Mai entschieden worden. Ob der Bürgermeister überrascht oder gar gekränkt gewesen sei, dass ihm ein kommunalpolitischer Neuling so gefährlich nah kam?

„Wer sich einer Wahl stellt, muss immer damit rechnen, dass diese auf eine Stichwahl hinausläuft, dass ein erster Wahlgang so ausgeht wie in Eisenberg. Ich betrachte das als Etappensieg.“ Am Sonntag hoffe Kieslich für sich auf einen guten Ausgang. „So lange demokratische Spielregeln befolgt werden, kann ich damit umgehen.“

Bürgermeister Michael Kieslich. 
Bürgermeister Michael Kieslich.  © Funke Medien Thüringen | Jana Scheiding

Begegnet seien sich die Kontrahenten immer mal wieder während der Arbeit in den Gremien oder bei Sportveranstaltungen. Zur Wahl habe man einander nicht im Austausch gestanden. Ob Kieslich, Jahrgang 1974, den 23 Jahre jüngeren Walter ernst nehme? „Ich glaube, man ist immer gut beraten, alle Mitbewerber ernst zu nehmen.“ Doch Kieslich kommt nicht umhin, Walters „überschaubare Erfahrung in Kommunalverwaltung und Mitarbeiterführung“ aufs Tapet zu bringen. „Da braucht es schon sehr viel Selbstvertrauen, sich dieser Wahl zu stellen.“

Bürgermeisterwahl in Eisenberg: Alle Möglichkeiten genutzt

Musste der Wahlkampf für Amtsinhaber Michael Kieslich zwischen Mohrenfest und Amtsgeschäften nicht zwangsläufig zum Nebenschauplatz geraten? „Ich habe noch einmal alle mir zur Verfügung stehenden Möglichkeiten genutzt, um mit Eisenberger Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen“, sagt der Bürgermeister und relativiert sogleich: „Das Gespräch zur Bürgerschaft suche ich natürlich nicht nur im Wahlkampf.“

Ob er das Stadtfest für seinen Wahlkampf nutze? „Natürlich wäre es eine gute Gelegenheit, aber ich trenne das.“ Wie lautet Kieslichs Wort zum Sonntag? „Die Eisenberger Bürgerschaft muss entscheiden, ob es mit der Stadt sortiert und erfolgreich weitergeht oder ob sie zurückfällt in die Zeit vor 2018, als Eisenberg nicht mehr handlungsfähig war.“

Stichwahl in Eisenberg: Herausforderer stellte sich nochmals vor

Herausforderer Rico Walter hatte die erneute Wahlkampfmöglichkeit genutzt, um sich der Öffentlichkeit nochmals vorzustellen und Bürger zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. „Ich habe mich gefreut, dass 15 Interessierte erschienen sind. Weitere zehn Leute verfolgten die Veranstaltung per Liveschaltung“, erzählt Walter.

Herausforderer Rico Walter. 
Herausforderer Rico Walter.  © Funke Medien Thüringen | Jana Scheiding

Das Fazit: Ordnung und Sauberkeit seien demnach ein großes Thema in der Stadt. „Insbesondere der Hundekot auf den Straßen ist kritisiert worden. Die Leute fragen, ob es zweckmäßig sei, das Ordnungsamt personell aufzustocken, um Hundehalter auf ihre Aufgaben verstärkt hinzuweisen und gegebenenfalls zu sanktionieren.“ Angesprochen worden seien ferner der Zustand von Spielplätzen im Stadtgebiet und die Arbeit des Bauhofes.

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Rico Walter (parteilos) und Amtsinhaber Michael Kieslich (CDU) treten am 9. Juni in der Kreisstadt Eisenberg zur Stichwahl um den Bürgermeisterposten an. (Fotomontage)
Von Marcus Voigt, Luise Giggel, Jana Scheiding und Katja Dörn

Herausforderer Walter: Chancen gering, aber vorhanden

Walter tritt gegen einen langjährigen Kommunalpolitiker mit reichlich Erfahrung in der Verwaltungsarbeit und -organisation an. Rechnet er sich ernste Chancen aus, die Stichwahl am Sonntag zu gewinnen? „Ich sehe das realistisch: Meine Chancen sind gering, aber durchaus vorhanden.“ Ob Walter das Gefühl habe, seit dem 26. Mai weitere Wählerstimmen gewonnen zu haben? „Viele Eisenberger suchten das Gespräch mit mir, wollten sich informieren. Ich werte das als schönes und positives Zeichen.“

Zum Schluss noch ein Wort zum Mohrenfest: Deutschland schaut verwundert auf Eisenberg, wo man auf diesem Namen beharrt. Würde Rico Walter als Bürgermeister die Bezeichnung beibehalten? „Im vergangenen Jahr erwiderte ich auf diese Frage, dass ich über einen anderen Namen zumindest nachdenken würde. Inzwischen weiß ich, dass vielen Menschen der Name Mohrenfest wichtig ist. Deshalb sage ich heute: Ich würde den Namen verteidigen.“

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