Roßleben. Ein einzelner Buchstabe macht das Leben einer Roßlebenerin einfacher. Ein urplötzlicher Schlaganfall warf sie 2014 aus der Bahn. Seitdem kämpft sie um Anerkennung der Schwere ihrer Beeinträchtigung.

Ein langer Kampf endet für die schwerbehinderte Manuela Bierbach aus Roßleben. Ein nun eingeflogener Brief vom Landratsamt des Kyffhäuserkreises treibt der Roßlebenerin die Tränen in die Augen. Seit rund zehn Jahren kämpfte die Schlaganfallpatientin für einen Behindertenparkausweis. Mehrfach reichte sie einen großen Stapel an Unterlagen, unter anderem ärztliche Gutachten, beim Sozialamt des Kyffhäuserkreises ein. Bislang vergeblich.

Nach Schlaganfall auf Rollstuhl angewiesen

Immer wieder wurde der Antrag auf einen Behindertenparkausweis - dafür benötigt Bierbach das bestimmte Merkzeichen „aG“ für „außergewöhnliche Gehbehinderung“ - abgelehnt. Begründung: Die Frau mit einem Grad der Behinderung von 80 erfüllte bislang nicht die Voraussetzungen. Ohne das Zusatzzeichen durfte sie daher bislang auch nicht auf offiziell ausgewiesenen Behindertenparkplätzen parken. Das Ein- und Aussteigen wurde aus diesem Grund regelmäßig zur Tortur. Beschimpfungen und Beleidigungen ungeduldiger Dritter waren bei alltäglichen Fahrten, etwa zum Einkaufen, keine Seltenheit, erzählte Bierbachs Ehemann Heiko in der Vergangenheit. 

Nicht einmal 50 Meter kann sie mit Gehhilfen zurücklegen

„Wir freuen uns nun riesig über die Entscheidung. Das Leben wird damit leichter für uns“, machte die 55-Jährige symbolische Freudensprünge. Seit einem plötzlichen Schlaganfall im Jahr 2014 leidet die Roßlebenerin unter Sprachstörungen und dazu unter erheblichen Geheinschränkungen. Die Fortbewegung klappt meist nur noch im Rollstuhl. Das Gehen zu Fuß funktioniert trotz Gehhilfe und ihrem Mann als Stütze daneben nur mit großer Anstrengung und auch nur wenige Schritte.

Selbstständig in ein Auto ein- und wieder auszusteigen - das konnte Manuela Bierbach nach eigenem Bekunden seit ihrem Schlaganfall nie mehr. Und die 50 bis 100 Meter „an guten Tagen“, die sie laut eines ärztlichen Gutachtens noch vor rund acht Jahren in Innenräumen gegangen sein soll, seien längst nicht mehr möglich. Eine Besserung ihres Zustandes ist obendrein nicht in Sicht, beteuerten die Roßlebenerin und ihr Mann. Ärzte bestätigten dies nun. Die Schwere ihrer Einschränkung erkannte nach wiederholtem Anlauf auch das Sozialamt des Kyffhäuserkreises.

Neurologe und Orthopäde geben Einschätzung ab

Von der Behörde hieß es auf Nachfrage, dass die Voraussetzungen für das Merkzeichen „aG“ und damit verbunden auch die Berechtigung eines Behindertenparkausweises bei Manuela Bierbach inzwischen vorlägen. „Grund für die positive Entscheidung ist, dass sowohl der behandelnde Neurologe am 10. April als auch der behandelnde Orthopäde am 11. Juni jeweils die vollkommene Aufhebung der Gehfähigkeit bescheinigt haben“, teilte Martin Pollack, stellvertretender Pressereferent des Kyffhäuserkreises, auf Nachfrage mit.

Nach drei Ablehnungen herrschte große Resignation

Entmutigt von den drei Ablehnungen des Sozialamtes in der Vergangenheit und einem abgeschmetterten Widerspruch, der bei der nächsthöheren Instanz eingelegt worden war, wollten Bierbachs zunächst gar keinen neuen Antrag einreichen. Die Resignation war groß. Doch nun hat sich das Blatt zum Besseren gewendet. Ein einzelner Buchstabe sorgt im Leben des Paares nun für deutlich mehr Lebensqualität.

„Wenn man selbstständig nicht mehr ins Auto rein oder wieder rauskommt, ist das eigentlich ein Zeichen für ‚aG‘“, resümierte Christof Walter vom Sozialverband VdK Hessen-Thüringen zuletzt. Der VdK-Jurist riet im Februar, erneut einen Antrag zu stellen, gegebenenfalls Widerspruch einzulegen und bis vor das Sozialgericht zu gehen.