Saale-Holzland. Familie Poser genießt seit 22 Jahren ihr Wochenendhaus im Ölsnitzgrund. Was ihnen ihr Garten bedeutet und welche großen Sorgen sie derzeit umtreiben.

Seit 22 Jahren genießen Marion und Joachim Poser aus St. Gangloff ihr Wochenendhaus im idyllischen Ölsnitzgrund am nordöstlichen Rand der kleinen Gemeinde Lippersdorf-Erdmannsdorf. Aus einer heruntergekommenen Hütte haben sie sich mit harter Arbeit und viel Herzblut ein Kleinod geschaffen. „Das Häuschen und unser Garten sind unser Leben“, sagt die 61-Jährige. Ihr Mann kann nur noch zustimmend nicken. Die Stimme des 66-Jährigen versagt, Emotionen überwältigen ihn.

Eine Welt sei für sie zusammengebrochen, als sie am 27. April dieses Jahres die Post des Bauordnungsamtes des Saale-Holzland-Kreises öffneten. Im Schreiben mussten sie lesen, dass die Behörde „zur Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände“ den vollständigen Rückbau ihres Wochenendhauses anordnet. Auch alle weiteren nicht genehmigungsfähigen baulichen Anlagen wie ein Holzunterstand, eine Steintreppe und eine Sandsteinmauer müssen zurückgebaut werden. „Wir waren geschockt und verstehen die Welt nicht mehr“, sagt die Grundstückseigentümerin.

Marion (61) und Joachim Poser (66) auf dem Balkon ihres Wochenendhauses im Ölsnitzgrund.
Marion (61) und Joachim Poser (66) auf dem Balkon ihres Wochenendhauses im Ölsnitzgrund. © OTZ | Ute Flamich

Grund für die Forderung des Amtes ist, dass die Familie ohne Baugenehmigung im Außenbereich baute. Die bauliche Erweiterung des Gartenhauses sei weder verfahrensfrei, da es sich weder um eine Gartenlaube in einer Kleingartenanlage noch um ein Wochenendhaus in einem genehmigten Wochenendhausgebiet handelt. Eine Genehmigungsfreistellung sei nicht möglich, „da sich das verfahrensgegenständliche Flurstück nicht im Geltungsbereich eines rechtskräftigen Bebauungsplanes befindet“, steht im Schreiben des zuständigen Bauordnungsamtes. „Für uns bedeutet das, dass wir unsere Altersvorsorge abreißen müssen“, sagt sie.

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Mit ihren Sorgen ist das Ehepaar aber nicht allein. Die gesamte Wochenendhaussiedlung im Ölsnitzgrund mit 94 Grundstücken steht im Fokus der Unteren Bauaufsichtsbehörde. Weil mehrere Anzeigen beim Amt eingingen, überprüfte die Behörde die einzelnen Häuser auf baurechtswidrige Zustände. Per Drohne sei das Gebiet und seien die Häuser Ende April, Anfang Mai vergangenen Jahres fotografiert worden. Neben Vor-Ort-Terminen wurde auch im Bauaktenarchiv nach Altunterlagen recherchiert, heißt es seitens des Amtes. Im Frühjahr dieses Jahres erreichte erste Betroffene per Post die jeweilige Anordnung des Bauordnungsamtes – so auch Familie Poser.

Wegen kleiner Wohnung ohne Balkon begann Suche nach einem Gartengrundstück

Weil sie in einer 56 Quadratmeter großen Altbauwohnung ohne Balkon leben, begaben sich Marion und Joachim Poser vor mehr als zwei Jahrzehnten auf die Suche nach einem Gartengrundstück. „Wir wollten raus in die Natur“, sagen die Eltern von zwei Kindern. Im Ölsnitzgrund, wo mittlerweile alle Grundstücke in Privatbesitz sind, wurden sie fündig. Viel musste an ihrem neu erworbenen Gartenhaus getan werden. „Das war alles noch aus den 70-er Jahren“, sagt Joachim Poser. Er ist gelernter Maurer, hat sein Leben lang auf dem Bau gearbeitet. Bei einer Begutachtung des Daches ihres Wochenendhauses sei er durchgebrochen. „Daraufhin mussten wir das ganze Dach abreißen und erneuern. Dann ist immer mehr dazugekommen. Die Außenwand war zum Beispiel auch von unten her weggefault. Da war kein Holz mehr, nur noch Ständer haben das Haus gehalten.“

Blick auf die Wochenendhaussiedlung im Ölsnitzgrund in der Gemeinde Lippersdorf-Erdmannsdorf.
Blick auf die Wochenendhaussiedlung im Ölsnitzgrund in der Gemeinde Lippersdorf-Erdmannsdorf. © OTZ | Sebastian Koschny

Bis 2006 habe die Familie durchgängig gebaut und erneuert. „Jeder Zementsack, jeder einzelne Stein musste zu unserem Grundstück hochgebuckelt werden.“ Dass für all die Arbeiten eine Genehmigung notwendig ist, das sei der Familie nicht bewusst gewesen. „Es haben hier ja alle gebaut und es war und ist Privatbesitz. Wir wollten nur so schnell wie möglich fertig werden, um dann genießen zu können“, sagt der Rentner. Im Nachhinein ärgere er sich freilich darüber, nicht bei der zuständigen Behörde nachgefragt zu haben. „Hätten wir damals einen Bauantrag gestellt, dann hätten wir auch gewusst, dass wir nicht bauen dürfen.“

Saale-Holzland: Ängste und Sorgen um privates Kleinod sind groß

Nun seien die Ängste und Sorgen um ihr Kleinod groß. „Unsere Enkelin ist hier im Garten groß geworden, wir haben Junggesellenabschied gefeiert und viele andere Anlässe. Mein Mann hatte Krebs und konnte sich im Ölsnitzgrund richtig gut erholen. Wir haben in unserem Leben noch nie etwas Unrechtes getan. Sollten wir uns aber so geirrt haben, werden wir den Rückbau veranlassen. Das aber würde uns das Herz brechen“, sagt Marion Poser. Auch finanziell sei es für sie schwierig, den Abriss zu stemmen.

Idyllisch ist die Wochenendhaussiedlung im Ölsnitzgrund in der kleinen Gemeinde Lippersdorf-Erdmannsdorf gelegen.
Idyllisch ist die Wochenendhaussiedlung im Ölsnitzgrund in der kleinen Gemeinde Lippersdorf-Erdmannsdorf gelegen. © OTZ | Ute Flamich

Noch aber gibt es Hoffnung. Mit Sabine Kraft-Zörcher konnte eine Rechtsanwältin ins Boot geholt werden, die sich nach eigenen Aussagen schon vieler solcher und ähnlicher Fälle angenommen hat. Um für Grundstückseigentümer das Schlimmste zu verhindern – wie Abriss und Teilrückbau ihrer Wochenendhäuser – habe die Rechtsanwältin vorgeschlagen, einen Bebauungsplan für das betroffene Gebiet zu erstellen, um damit eine nachträgliche Legalisierung auf den Weg zu bringen. Weil die Gemeinde kein Geld hat, soll der Bebauungsplan über einen eigens dafür gegründeten Verein finanziert werden. Dieser trägt den Namen „Grundstückseigentümer Ölsnitzgrund“. Die Gründungsmitglieder hoffen auf viele weitere Mitglieder im Verein, damit die Kosten für die Grundstückseigentümer im Ölsnitzgrund möglichst fair verteilt werden und die Belastung für den Einzelnen so gering wie möglich ausfällt.

Wer dem Verein „Grundstückseigentümer Ölsnitzgrund“ beitreten möchte, kann sich an Sebastian Koschny wenden unter der E-Mail-Adresse Sebastian.Koschny@gmail.com.

Termin: 18. Juli, 18 Uhr: Informationsveranstaltung des Vereins „Grundstückseigentümer Ölsnitzgrund“, Rodaer Straße 29, Erdmannsdorf (ehemalige Gaststätte).