Erfurt/Freiburg (dpa/tmn). An freien Tagen das Handy checken und Nachrichten des Arbeitgebers lesen? Wann das von Beschäftigten erwartet werden kann, zeigt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts.

Beschäftigte müssen auch in ihrer Freizeit dienstliche SMS ihres Arbeitgebers lesen - wenn eine Betriebsvereinbarung vorsieht, dass ihre Dienste kurzfristig konkretisiert werden können. Das geht aus einer Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (Az.: 5 AZR 349/22) hervor, auf die das Fachportal „Haufe.de“ hinweist.

Im konkreten Fall war ein Rettungssanitäter im Dienstplan für einen unkonkreten Springerdienst eingetragen. Am Vortag des Springerdienstes teilte ihn der Arbeitgeber für einen Dienst mit Beginn um 6 Uhr ein - und versuchte den an diesem Tag vom Dienst befreiten Rettungssanitäter telefonisch darüber zu informieren. Als dies nicht gelang, sendete der Arbeitgeber dem Rettungssanitäter die Information per SMS.

Der Beschäftigte erschien am Folgetag allerdings erst um 7.30 Uhr zur Arbeit. Das wertete der Arbeitgeber als unentschuldigtes Fehlen - und zog die Stunden vom Arbeitszeitkonto ab. Zudem erteilte er dem Rettungssanitäter eine Ermahnung - und als es zu einem weiteren ähnlichen Vorfall kam, eine Abmahnung.

Der Sanitäter zog dagegen vor Gericht und verlangte vom Arbeitgeber die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte. Zudem sollten ihm die fehlenden Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden. Aus seiner Sicht war er nicht verpflichtet, sich während seiner Freizeit darüber zu informieren, wann er zu arbeiten habe.

Lesen der SMS keine Arbeitszeit

Damit hatte der Mann vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (Az.: 1 Sa 39 öD/22) zunächst Erfolg. Das anschließend mit dem Fall befasste Bundesarbeitsgericht sah die Sache allerdings anders: Auf Grundlage der betrieblichen Regelungen sei dem Rettungssanitäter bekannt gewesen, dass der Arbeitgeber die Arbeitsleistung für den folgenden Arbeitstag konkretisieren werde. In einem solchen Fall seien Beschäftigte durchaus verpflichtet, eine per SMS mitgeteilte Weisung auch in der Freizeit zur Kenntnis zu nehmen.

Entgegen der Annahme des LAG Schleswig-Holstein, dass auch das Lesen einer dienstlichen SMS in der Freizeit Arbeitszeit sei, handle es sich dem Bundesarbeitsgericht zufolge nicht um Arbeitszeit im arbeitsschutzrechtlichen Sinne.

Die Ruhezeit werde durch die Kenntnisnahme der Weisung nicht unterbrochen, so das Gericht. Schließlich könne der Beschäftigte den Zeitpunkt dafür frei wählen. Der eigentliche Moment der Kenntnisnahme der SMS stelle sich zudem als zeitlich derart geringfügig dar, dass nicht von einer „ganz erheblichen Beeinträchtigung der Nutzung der freien Zeit“ ausgegangen werden könne.