Berlin/Wien. Marlene Engelhorn hat einen Rat beauftragt, 25 Millionen Euro aus ihrem Erbe zu verteilen. Worauf sich die Mitglieder geeinigt haben.

Ungleichheit verringern und Benachteiligte fördern: Das ist das Motto von Marlene Engelhorn. Die Erbin aus der Familie des Chemiekonzerns BASF verteilt 90 Prozent ihres Vermögens. 25 Millionen Euro sollen von einem Bürgerrat an gemeinnützige Organisationen und Vereine verteilt werden. Den Rest möchte sie behalten, um einen Übergang ins Berufsleben zu erleichtern.

Wie die 25 Millionen Euro verteilt werden sollen, wurde am Dienstag vom „Guten Rat für Rückverteilung“ entschieden. Der Rat soll mit 50 Bürgern zwischen 16 und 85 Jahren die österreichische Bevölkerung widerspiegeln. Die Mitglieder diskutierten an sechs Wochenenden, welche Organisationen wie viel abbekommen. Dabei soll das Geld für die Themen Klima und Umwelt, leistbares Wohnen, Gesundheit und Soziales sowie Integration und Bildung eingesetzt werden.

So verteilt der Rat Engelhorns Geld

Die Mitglieder des Rats wurden durch Zufall gewählt. So soll möglichst gut die österreichische Bevölkerung abgebildet werden. Dabei wurden Alter, Wohnort, Herkunft und Ausbildung berücksichtigt. Dadurch soll sich ein breites Spektrum an Themen ergeben.

Der „Gute Rat zur Rückverteilung“ stellte am Dienstag die Ergebnisse der Verteilung des Erbes von Marlene Engelhorn vor.
Der „Gute Rat zur Rückverteilung“ stellte am Dienstag die Ergebnisse der Verteilung des Erbes von Marlene Engelhorn vor. © AFP | JOE KLAMAR

Das Ergebnis des Rats solle möglichst breit getragen werden, heißt es auf der Webseite des „Guten Rats“. Alle Bedenken und Einwände würden gehört und von einer Moderation berücksichtigt. Zudem bekommt der Rat Input von Experten zur Vermögensverteilung und Rückverteilung. Das soll dem Rat bei der Entscheidung, wie die 25 Millionen Euro von Engelhorn verteilt werden, helfen.

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Bei der Verteilung sind Organisationen tabu, die auf Profit hin wirtschaften, verfassungswidrig, lebensfeindlich oder menschenverachtend sind. Auch andere Verwendung des Geldes als zum Zweck der Rückverteilung sind dem Rat untersagt.

Höchste Summen gehen an den Naturschutzbund Österreich

Die 25 Millionen Euro wurden auf insgesamt 77 Organisationen und Vereine aufgeteilt. Die höchste Summe ging mit 1,63 Millionen Euro an den Naturschutzbund Österreich. Das Geld soll für den Freikauf von Naturflächen genutzt werden, für deren Erhalt und Wiederbelebung sich der Verein seit Jahren einsetzt.

„Mit dieser Unterstützung können wir noch mehr wertvolle Naturparadiese wie Moore, Trockenrasen, Auwälder und Feuchtwiesen in Österreich sichern, pflegen und schützen. Der Naturfreikauf wird so zu einem noch stärkeren Werkzeug im Naturschutz“, freut sich Thomas Wrbka, Präsident des Naturschutzbundes Österreich in einer Pressemitteilung.

Millionenspenden an Obdachlosenhilfe und aktivistische Think Tanks

Eine ähnlich große Spende ging mit knapp 1,6 Millionen Euro an die Organisation „neunerhaus - Hilfe für obdachlose Menschen“. Die Wiener Organisation bietet Obdachlosen und armutsgefährdeten Menschen den Zugang zu medizinischer Versorgung, Wohnen und Beratung.

Eine weitere Spende in Millionenhöhe verteilte der Rat an das „Momentum Institut“ – ein Think Tank für sozialen Fortschritt. Der Verein forscht zu fairen Löhne, Vermögensverteilung und Klimaschutz und setzt sich für „eine Wirtschaft, die für alle funktioniert“ ein. Vom Engelhorn-Erbe bekommt das Institut gut 1,2 Millionen Euro.

Gut 1 Millionen Euro an aktivistisches Netzwerk Attac

Auch das aktivistische Netzwerk „Attac Österreich“ bekam gut 1 Millionen Euro vom Rat zugeteilt. Die Summe werde auf 5 Jahre verteilt ausbezahlt, heißt es in einer Pressemitteilung des Netzwerks. Insbesondere die Arbeit von Attac zu den Themen Steuergerechtigkeit und Demokratisierung habe den Rat beeindruckt.

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„Attac“-Vorstandsmitglied Jacqueline Jerney erklärte in der Pressemitteilung: „Für Attac ist die Entscheidung eine wichtige Bestätigung und Unterstützung unseres Einsatzes für eine gerechte Verteilung von Vermögen und für eine Demokratiesierung aller Lebensbereiche.“

Weitere Spenden für Kinder und Jugendliche

Neben der Förderung von weiteren diversen Think Tanks, aktivistischen Netzwerken zur Umverteilung und Demokratieförderung gehen insgesamt mehrere Millionen Euro an Organisationen, die sich für Kinder und Jugendliche einsetzen. So auch die gemeinnützige GmbH „Teach for Austria“, die sich für Bildungsgerechtigkeit bei Kindern starkmacht. Die Organisation erhielt eine Spende in Höhe von gut 900.000 Euro.

Die Liste der Organisationen und Vereine ist lang. Weitere große Summen gingen an Vereine, die sich für Integration, Opfer von Diskriminierung und Menschen mit Behinderung einsetzen. Auch die Bereiche Kultur, sozialer Wohnungsbau und ehrenamtliches Engagement werden finanziell gefördert. Eine vollständige Auflistung ist auf der Webseite des „Guten Rats“ zu finden.