Wien.. Herbert Kickl könnte mit der rechtsextremen FPÖ bei den Nationalratswahlen im Herbst stärkste Kraft werden. Wer ist dieser Mann?

  • Die rechtspopulistische FPÖ in Österreich steht vor einem Durchmarsch
  • Im Herbst stehen Nationalratswahlen an
  • Schon bei der Europawahl errang die Partei ein beachtliches Ergebnis

Wenn im Herbst in Österreich die Nationalratswahlen stattfinden, könnte es zu einem Erdbeben kommen. Die rechtsextreme FPÖ ist seit Monaten nach aktuellen Umfragen mit etwa 28 Prozent die mit Abstand stärkste Partei. Bei der Europawahl am 9. Juni erreichte sie laut vorläufigem Ergebnis 25,5 Prozent der Stimmen. Damit liegt sie vor der konservativen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ. Und Parteichef Herbert Kickl könnte gelingen, was seinen Vorgängern Jörg Haider und Heinz-Christian Strache versagt blieb: Nummer eins zu werden. Kickl sieht sich bereits als „Volkskanzler“. Wer ist dieser Mann?

Ein Trümmerfeld war die FPÖ, als Herbert Kickl (55) im Juni 2021 den Vorsitz übernahm. Die Partei hatte noch immer mit den Folgen des Ibiza-Skandal-Videos von 2019 zu kämpfen. Zwei angetrunkene Politiker waren da zu sehen, wie sie einer vermeintlich russischen Oligarchen-Nichte halb Österreich verkauften. Das war das Ende der Koalition von ÖVP und FPÖ. Und es war das Ende ihres damaligen Langzeit-Chefs Heinz Christian Strache.

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Kickl war in der Öffentlichkeit als eher Charisma-befreiter Asket bekannt – als Wüterich, Triathlet, Skandal-Innenminister. Ein Mann, der früher eigentlich lieber im Hintergrund die Strippen zog und den es jetzt ganz nach vorne zieht.

Österreich: FPÖ als Stimme Russlands

Eine Pandemie und ein russischer Überfall auf die Ukraine liegen zwischen der Ibiza-Affäre von 2019 und heute. Eine Pandemie, in der sich die FPÖ zur Stimme der Leugner gemacht hat, und ein Krieg, in dem die FPÖ Stimme Russlands in Österreich ist.

'Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

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Das Spiel mit Tabubrüchen, das rhetorische Eiertanzen, die Empörung, der Opfermythos sind Kickls politische Klaviatur – eine, die er virtuos bespielt. Kickl war es, der die Reden von Jörg Haider (FPÖ-Chef von 1986 bis 2000) schrieb. Und Haider war es, der die FPÖ mit eben diesen Reden von einer schrulligen Kellerpartei zu einem extrem rechten Schlachtschiff machte. Dass Haider den damaligen französischen Präsidenten Jacques Chirac einen „Westentaschen-Napolen“ nannte, war Kickls Idee. Kickl dichtete auch Slogans wie diese: „Wiener Blut – zu viel Fremdes tut niemandem gut.“

FPÖ-Chef Herbert Kickl stand früher lieber in der zweiten Reihe.
FPÖ-Chef Herbert Kickl stand früher lieber in der zweiten Reihe. © picture alliance / HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com | Helmut Fohringer

Und heute? Politisch ist Kickl radikal und hat seine Partei noch weiter nach rechts gerückt. Unter seiner Parteiführung gibt es keine Abgrenzung zu den Identitären. Die seien nichts anderes als eine „NGO (Nicht-Regierungsorganisation, Anmerk. der Red.) von rechts“.

Kickl will „Ketten brechen“, wettert gegen „Volksverräter“, die auf eine „Fahndungsliste“ zu setzen seien, oder gegen einen „Bevölkerungsaustausch“, der von „Globalisten“ betrieben werde. Die Stoßrichtung: „Die da oben“, die „Systempolitiker“, von denen er sich bewusst abgrenzen will. Dabei ist er selbst einer. Kickl hat auch nie außerhalb des Politikbetriebs gearbeitet.

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Aber Kickl ist ein Skandalteflon, nichts bleibt an ihm hängen. Es gibt keine Skandalbilder, keine Gerüchte über Affären oder Exzesse. Sein Privatleben ist außen vor. Was man weiß: Kickl ist verheiratet, hat einen Sohn und lebt in einer Kleinstadt westlich von Wien. Nur diese eine Jugendposse ist bekannt: Als Jugendlicher hatte er einmal mit der späteren Grünen-Chefin Eva Glawischnig geschmust.

Skandale schaden Kickl nicht. Seine Anhänger glauben ihm

Jetzt wurde aber öffentlich, dass im Zuge von Ermittlungen wegen der sogenannten Inseraten-Korruption auch gegen Kickl ermittelt wird. Zudem wurden Vorwürfe wegen seiner früheren Beteiligung an einer in zahlreiche Skandale involvierten FPÖ-nahen Werbeagentur laut.

Aber bisher hat das, plus all die Skandale um Veruntreuung oder Russland-Spionage, Kickl kaum geschadet. Seine Anhänger glauben viel eher ihm als den Staatsanwaltschaften, Gerichten oder gar den Medien.

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