Dresden/Berlin. Der französische Präsident wirbt vor der Frauenkirche für ein starkes und humanistisches Europa – und hat eine Warnung für Deutschland.

Weniger als zwei Wochen vor den Europawahlen hat der französische Staatspräsident Emmanuel Macron in einer flammenden Rede in Dresden dafür geworben, die Union zu stärken und die Demokratie auf dem Kontinent zu verteidigen. „Errichten wir ein mächtiges, ein souveränes und ein humanistisches Europa“, rief Macron vor der Dresdner Frauenkirche vor mehreren Tausend Zuhörern, darunter etlichen Jugendlichen aus Deutschland, Frankreich, Polen und Tschechien.

Der Präsident hielt seine Rede in Teilen auf Deutsch und erhielt dafür viel Applaus. Macron griff die zentralen Gedanken jener Europarede auf, die er Ende April in der Pariser Sorbonne gehalten hatte. „Europa erlebt einen entscheidenden Moment. Unser Europa kann sterben, wenn wir die falschen Entscheidungen treffen“, sagte er jetzt auch in Dresden.

Zu seiner Rede in Dresden kamen zahlreiche Zuhörer.
Zu seiner Rede in Dresden kamen zahlreiche Zuhörer. © Getty Images | Sean Gallup

Macron: Europa braucht mehr Investitionen

Angesichts des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine warb Macron dafür, die Verteidigungskraft Europas in der Nato zu stärken. Nur so könne der Frieden gesichert werden. Dafür seien ein gemeinsames Sicherheitskonzept und gemeinsame Rüstungsprojekte notwendig. „Russland hat die Ukraine angegriffen und kann möglicherweise morgen oder übermorgen hier sein.“

Macron warb zugleich für ein „neues Wachstumsmodell“, um die Wirtschaft in Europa in Schwung zu bringen und neuen Wohlstand zu schaffen. Notwendig seien massive Investitionen in Forschung, grüne Technologien, Dekarbonisierung und Künstliche Intelligenz. Andernfalls werde Europa nicht mithalten können im Wettbewerb mit Mächten wie den USA und China. „Wir sollten unseren europäischen Haushalt verdoppeln“, sagte Macron und brachte erneut eine gemeinsame Schuldenaufnahme der EU-Staaten ins Gespräch. „Wir brauchen zwei Mal mehr Investitionen in Europa.“

Mit Blick auf den Aufstieg nationalistischer Kräfte überall auf dem Kontinent sagte Macron: „Ich zähle auf Sie, nicht der Versuchung der Spaltung und der Hegemonie zu erliegen, sondern sich für Freundschaft und Zusammenarbeit zu entscheiden.“

In Dresden warb der französische Präsident für mehr Investitionen in Rüstung und Technologie.
In Dresden warb der französische Präsident für mehr Investitionen in Rüstung und Technologie. © AFP | Ludovic Marin

Macron trifft auch auf Scholz: Das Verhältnis gilt als mäßig

Der französische Präsident absolviert gerade einen dreitätigen Staatsbesuch in Deutschland. Die Dresdner Rede an die Jugend gilt als der Höhepunkt der gesamten Reise. Durch den Auftritt in der sächsischen Landeshauptstadt wollte Macron unterstreichen, dass auch die ostdeutschen Länder eine wichtige Rolle in den deutsch-französischen Beziehungen und in der Europäischen Union spielen.

Am Dienstag wird Macron in Münster den Westfälischen Friedenspreis entgegennehmen. Nach dem Ende des offiziellen Staatsbesuchs findet am späteren Nachmittag noch ein deutsch-französischer Ministerrat mit Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf Schloss Meseberg nördlich von Berlin statt. 

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