Erfurt. Nach der kommunalen Stichwahl bleibt der Rechtsruck aus. AfD aber bei Europawahl vorn. SPD-Nachwuchs kritisiert Landesspitze.

Nach den kommunalen Stichwahlen ist ein Rechtsruck ausgeblieben. In vielen Landratsämtern gibt die CDU weiterhin den Ton an und stellt jetzt neben der Landeshauptstadt Erfurt auch in Gera den Oberbürgermeister.

„Das Ergebnis zeigt, dass die Thüringer dort, wo es um Fragen geht, die Thüringen berühren, der CDU vertrauen“, sagte Landesvorsitzender Mario Voigt dieser Zeitung. In Greiz, dem Wartburgkreis, dem Eichsfeld, aber auch in Sömmerda waren langjährige christdemokratische Landräte aus Altersgründen ausgeschieden. Die Union stellt die Nachfolger.

SPD beschäftigt sich zu wenig mit sozialdemokratischen Kernthemen

„Die Menschen warten nicht darauf, dass sich die Sozialdemokratie immer mehr des Populismus der AfD bedient und scheinbar einfache Antworten gibt”, sagt die Juso-Landesvorsitzende Melissa Butt.
„Die Menschen warten nicht darauf, dass sich die Sozialdemokratie immer mehr des Populismus der AfD bedient und scheinbar einfache Antworten gibt”, sagt die Juso-Landesvorsitzende Melissa Butt. © Marco Schmidt

Die in Thüringen vom Landesamt für Verfassungsschutz als erwiesen rechtsextrem eingestufte AfD konnte sich in keiner der 15 Stichwahlen durchsetzen. Neun ihrer Kandidaten waren dort vertreten. „Man muss realistisch blieben. Wir kämpfen in der Stichwahl immer alle gegen einen“, sagte Landessprecher Stefan Möller.

Die Landesvorsitzende des SPD-Nachwuchses, Jusos, Melissa Butt, sprach angesichts der bevorstehenden Landtagswahl von einem „unguten Bauchgefühl“ und kritisierte die Landesspitze um Parteichef Georg Maier. Die SPD beschäftige sich zu wenig mit sozialdemokratischen Kernthemen. „Die Menschen warten nicht darauf, dass sich die Sozialdemokratie immer mehr des Populismus der AfD bedient und scheinbar einfache Antworten gibt”, so Butt.

FDP verteidigt den wichtigen Chefsessel im Jenaer Rathaus

„Es ist uns leider nicht gelungen, alle Stichwahlen für uns zu entscheiden“, sagte Maier. Neben Andreas Bausewein in Erfurt muss auch der Landrat im Unstrut-Hainich-Kreis, Harald Zanker (beide SPD), seinen Sessel räumen. Ihre Ämter verteidigen konnten die Sozialdemokraten im Kyffhäuserkreis sowie im Landkreis und der Stadt Gotha.

Thomas Kemmerich, FDP-Landesvorsitzender, durfte sich darüber freuen, dass seine Partei noch Wahlen gewinnen kann und in Jena weitere sechs Jahre den Oberbürgermeister stellt. „Von Jena geht ein starkes Signal aus. Nichts macht erfolgreicher als Erfolg“, sagte er.

Bei der bevorstehenden Landtagswahl Duell CDU gegen AfD?

„Es wurden keine ideologischen Gräben aufgemacht, sondern die Kandidaten von CDU und SPD unterstützt“, betonte die Linke-Landesvorsitzende Ulrike Grosse-Röthig. Die Partei spielte bei den Stichwahlen keine Rolle und verliert mit Katja Wolf in Eisenach ihre einzige Oberbürgermeisterin. Die einstige Linke-Politikerin hat im neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht eine neue politische Heimat gefunden und ist dort Landesvorsitzende. „Die Stichwahlen sind insgesamt bei Weitem besser als befürchtet ausgegangen. Am Ende haben die demokratischen Kandidaten gewonnen “, sagte Wolf dieser Zeitung.

'Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

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Mit Blick auf die Landtagswahl im September sagte Voigt: Das Duell werde CDU gegen AfD heißen. Erstmals bei einer Europawahl gelang es der Rechtsaußenpartei, die Union im Freistaat als stärkste Kraft zu verdrängen. Bei den Kreistags- und Stadtratswahlen vor zwei Wochen ging die AfD zumindest teilweise als Erste durchs Ziel.