Berlin. Luxusgüter dürfen nicht nach Nordkorea geliefert werden. Seinen schicken Mercedes musste sich Kim Jong-un daher auf Umwegen beschaffen.

Beim Treffen mit Russlands Staatspräsident Wladimir Putin präsentierte sich der nordkoreanische Diktator Kim Jong-un als dessen Verbündeter – und damit Gegner des Westens. Ganz auf westliche Vorzüge will der „Oberste Führer“ Nordkoreas aber offenkundig nicht verzichten, wie seine Limousinen beweisen. Laut Recherchen der NGO Center for Advanced Defence Studies (C4ADS), handelt es sich unter anderem um Autos des deutschen Herstellers Mercedes.

'Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

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Genauer gesagt geht es um zwei Vertreter des Luxusmodells Maybach S600 Pullman Guard. Über dieses schreibt Mercedes in einer Pressemitteilung: „Seine Armierung hält Gewehrprojektile aus dem militärischen Bereich auf und bietet Schutz gegen Splitter von Handgranaten und andere Sprengsätze.“ Außerdem seien vielfältige individuelle Ausstattungsmöglichkeiten mit verschiedenen Lacken, Leder und Hölzern möglich. „Selbst ausgefallene Wünsche werden erfüllt.“

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Doch tatsächlich zählt allein der Besitz eines Mercedes in Nordkorea als ausgefallener – und verbotener – Wunsch. Denn: Die Exporte nach Nordkorea sind stark eingeschränkt, die UN-Resolution 1718 verbietet explizit „Luxusgüter“ an das Land zu liefern. Zu diesen zählen die Fahrzeuge, die preislich bei rund einer halben Million Euro starten, ganz ohne Zweifel. Und auch Daimler, Mutterfirma von Mercedes, betonte gegenüber der „Auto Motor und Sport“, dass es keine Geschäftsbeziehungen zu Nordkorea gebe und sich das Stuttgarter Unternehmen an alle Embargos halten würde.

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Luxuslimousinen in Nordkorea trotz Embargos – möglich über Drittstaaten

Wie also gelangten die Luxusautos in das nahezu isolierte Land auf der koreanischen Halbinsel? C4ADS hat die Reise der beiden Limousinen nachgezeichnet. Sie beginnt im niederländischen Rotterdam, wo sich der größte Hafen Europas befindet. Dort sollen die beiden Autos in je einen Container verladen und über China und Japan zunächst nach Südkorea verschifft worden sein. Von dort aus wurden sie laut Bericht auf ein neues Schiff, die DN5505, verladen.

Mercedes präsentiert seine gepanzerte Limousine lieber vor einem Schloss, als in Pjöngjang.
Mercedes präsentiert seine gepanzerte Limousine lieber vor einem Schloss, als in Pjöngjang. © Mercedes-Benz AG | Mercedes-Benz AG

Im Anschluss machte sich die DN5505, die unter der Flagge von Togo fährt, laut der NGO auf nach Nakhodka, eine Stadt im Osten Russlands. Die direkte Route führt direkt an Nordkorea vorbei. Noch in südkoreanischen Gewässern verlor sich plötzlich das automatische Identifikationssignal, erst 18 Tage später wurde das Schiff wieder geortet – bereits auf dem Rückweg nach Südkorea, jetzt angeblich mit 2.588 Tonnen Anthrazitkohle in loser Schüttung beladen.

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Signal der Luxusautos verliert sich: Wurden sie nach Nordkorea geflogen?

Ursprungsort der Ladung: Nakhodka, wo sich allerdings dem Bericht zufolge kein Hafenmeister an das Schiff erinnern konnte. Dort verliert sich die Spur der Luxuskarossen kurzzeitig, doch für den weiteren Weg hat C4ADS eine Theorie entwickelt: Eine beinhaltet drei Frachtflugzeuge des Modells Ilyushin-76, die der nordkoreanischen Staatsfluglinie Air Koryo gehören.

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Während die Ortungssysteme der DN5505 nicht in Betrieb waren, flogen sie von der nordkoreanischen Hauptstadt Pjöngjang ins russische Wladiwostok, nicht weit von Nakhodka entfernt. Das Auffällige: Die Ilyushin-76 transportieren auch bei Staatsbesuchen die nordkoreanischen Limousinen. In Wladiwostok landeten sie laut den Recherchen von C4ADS zuvor nur ein einziges Mal. Es scheint zumindest möglich, dass sie genutzt wurden, um die Autos nach Nordkorea zu transportieren.

Und was sagt der Hersteller zu dieser Odyssee seiner Modelle? „Um Lieferungen an Nordkorea zu verhindern, hat Daimler einen umfassenden Exportkontrollprozess eingeführt, den wir als angemessen und effektiv erachten und der alle exportkontrollrechtlichen Anforderungen erfüllt“, teilte Daimler der „Auto Motor und Sport“ mit. „Es ist außerhalb unserer Kontrolle und Verantwortung, welche Verkäufe insbesondere gebrauchter Fahrzeuge über Dritte getätigt werden.“