Berlin. Rente bekommen und gleichzeitig weiter arbeiten? Für manche lohnt sich das eher als früher Ruhestand. So funktioniert die Teilrente.

Arbeitnehmer sollen freiwillig möglichst lange arbeiten. Doch sprach in früheren Zeiten vieles dagegen. Deshalb hat die vorangegangene Bundesregierung die Teilrente eingeführt. Sie sollte einen langsamen Übergang vom Arbeitsleben in den Ruhestand ermöglichen. Das Prinzip ist einfach – und wurde nach der Corona-Pandemie sogar noch ausgebaut. Wer die Voraussetzungen für einen vorzeitigen Ruhestand erfüllt, kann sie beantragen.

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Der oder die Versicherte kann sich zwischen 10 und 99,99 Prozent seiner bereits erworbenen Rentenansprüche monatlich auszahlen lassen. Besteht zum Beispiel zum Zeitpunkt des Antrags ein Anspruch auf 1200 Euro Monatsrente, würde die Rentenversicherung bei der Wahl einer zehnprozentigen Teilrente 120 Euro überweisen, bei einer Wahl von 99,99 Prozent wären es 1.199,88, also nur zwölf Cent weniger, als die Vollrente betragen würde. Voraussetzung für den Antrag ist ein Mindestalter von 63 Jahren und eine Mindestversicherungszeit von 35 Jahren. Auch geht es nur beim Anspruch auf eine Vollrente. Witwenrenten oder Erwerbsminderungsrenten können nicht als Teilrente beansprucht werden.

Teilrente beziehen und weiter arbeiten

Die früher bestehende Hürde einer Hinzuverdienstgrenze wurde im vergangenen Jahr eingerissen. Seit Anfang 2023 dürfen Rentner unbegrenzt zusätzliche Arbeitseinkünfte erzielen. Es gibt zwei Varianten von Renteneintritt und weiterer Arbeit. Bei der ersten entscheiden sich Versicherte für eine Vollrente. Der Nachteil: In diesem Fall verlieren sie automatisch den Anspruch auf Krankengeld sowie Arbeitslosen- und Kurzarbeitergeld. Die Teilrente ist die zweite Möglichkeit. In diesem Fall bleiben diese Versicherungsleistungen bestehen.

Eine vermeintliche Kleinigkeit kann das Modell Arbeit plus Rente zunichtemachen. Denn viele Arbeitsverträge sehen ein Ende des Beschäftigungsverhältnisses vor, sobald der oder die Beschäftigte in Rente gehen. Ein Blick ins Kleingedruckte des Arbeitsvertrages ist als erster Schritt daher unerlässlich. Sollte sich eine Beendigungsklausel im Vertrag finden, ist ein Gespräch mit dem Arbeitgeber angeraten. Es gibt inzwischen aufseiten der Betriebe ja immer mehr Interesse daran, erfahrene ältere Mitarbeiter noch länger zu halten. Wenn dies der Fall ist, kann eine entsprechende Änderung des Arbeitsvertrages die Tür zur Teilrente öffnen.

Früher in Rente: So wirken die Abschläge

Der Weg in den Vorruhestand wird bei beiden Varianten mit Abschlägen „bestraft“. Für jeden Monat vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze werden vom bestehenden Rentenanspruch 0,3 Prozent abgezogen. Bei einem Rentenanspruch von 1.200 Euro werden also 3,60 Euro pro Monat abgezogen, bei einem von 1.500 Euro 4,50 Euro. Diese Abschläge summieren sich schnell zu einem beträchtlichen Minus. Wer 40 Monate früher Rente beantragt, erhält statt 1.200 Euro nur noch 1.056 Euro, oder statt 1.500 Euro 1.320 Euro.

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Bei einer kleinen Teilrente von zehn Prozent wirken sich die Abschläge kaum aus. Das wären von 120 Euro Monatsrente gerade einmal 36 Cent weniger pro Monat Frührente. Diese Variante ist für Leute mit vergleichsweise hohen Ansprüchen aus der gesetzlichen Rente womöglich interessant. Denn hier kommt die Steuer ins Spiel. Mit dem Eintritt in die Teilrente wird auch lebenslang der Steuersatz festgelegt, der auf die Rentenzahlungen erhoben wird. In diesem Jahr sind 84 Prozent der Renten steuerpflichtig. In den kommenden Jahren steigt der Satz weiter an. Der Steuersatz bleibt also auch noch niedrig, wenn später die volle Rente bezogen wird. Das kann im Einzelfall eine spürbare Entlastung bringen.

Abschläge ausgleichen

Die Rentenabschläge können Versicherte durch freiwillige Beitragszahlungen ausgleichen. Die Zahlungen können auch über Jahre gestreckt, müssen aber vor dem Beginn der Teilrentenzeit geleistet werden. Ob sich dies lohnt, hängt von den individuellen Umständen ab. Hier kommt das Finanzamt noch mehr ins Spiel, denn die freiwilligen Beiträge mindern die Steuerlast in den Jahren, in denen sie gezahlt werden. Aufgrund der Komplexität lässt sich nicht eindeutig sagen, ob sich eine Teilrente lohnt. Das sollten Interessenten gemeinsam mit versierten Beratern, etwa der Rentenversicherung oder einem Steuerberater, einmal durchrechnen.

Höhere spätere Rente

Rente plus Arbeit hat noch einen weiteren positiven Aspekt. Wer normal in seinem Job verbleibt, zahlt auch weiterhin Rentenbeiträge ein, die für eine höhere Rente sorgen, wenn die Regelaltersgrenze erreicht wird. Denn die Ansprüche wachsen ja mit den geleisteten Beiträgen weiter an. Bei einem durchschnittlichen Gehalt kommt jährlich beispielsweise ein Entgeltpunkt dazu, der derzeit 37,60 Euro beträgt. Bei drei Jahren Rente plus Arbeit steigt die Rente so noch einmal um 112,80 Euro an.

Rente mit 63: Generation Glückspilz hat profitiert

Rund 300.000 Arbeitnehmer haben im vergangenen Jahr von der sogenannten „Rente mit 63“ profitiert. Sie ermöglicht den abschlagsfreien Wechsel in den Ruhestand. Voraussetzung ist eine Versicherungszeit von 45 Jahren. Für sie lohnt es sich enorm, die erlaubten zwei Jahre vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze eine Rente zu beantragen, wenn sie weiter arbeiten wollen. Dann gibt es die Rente 24 Monate lang auf das Gehalt obendrauf. Wer weiter Vollzeit seinem Job nachgehen will, kann statt der Vollrente in diesem Fall eine Teilrente von 99,99 Prozent beantragen. Auf diese Weise bleibt die soziale Absicherung durch die Kranken- und Arbeitslosenversicherung weiter bestehen.