Berlin/Bad Neuenahr-Ahrweiler. Weite Teile Deutschlands leiden unter den Folgen der aktuellen Hochwasser-Katastrophe. Wie stark die Flut 2021 im Ahrtal zuschlug.

Das Leben Tausender Menschen wurde seit dem vergangenen Wochenende auf den Kopf gestellt. In weiten Teilen Deutschlands, vor allem in Baden-Württemberg und Bayern, sorgte Hochwasser infolge von massiven Regenfällen für Zerstörung. Fünf Menschen sind durch die Fluten bisher ums Leben gekommen, mehrere Personen werden noch vermisst. Vor allem an der Donau bereiten die extrem hohen Pegelstände Sorgen, akut ist die Situation derzeit zum Beispiel in Passau. Die aktuellen Entwicklungen des Hochwassers können Sie hier im Live-Blog verfolgen.

'Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion

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Noch ist das Schlimmste im Süden Deutschlands nicht überstanden, auch wenn sich das Wetter langsam bessert. Das Ausmaß der Zerstörung wird sich vermutlich erst zeigen, sobald das Wasser zurückgegangen ist. Viele Hochwasser-Betroffene haben ihr Zuhause verloren und werden es wieder aufbauen müssen. Einige trauern um Angehörige, die in den Fluten ums Leben gekommen sind. So erging es vor knapp drei Jahren auch den Menschen im Ahrtal.

Zerstörte Häuser nach der Flut-Katastrophe in Ahrtal.
Zerstörte Häuser nach der Flut-Katastrophe in Ahrtal. © Unbekannt | Unbekannt

Im Juli 2021 suchte die Flut Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz heim – und mit dem Ahrtal eine Region, die Weinliebhaber zu schätzen wissen. Viele Orte in den malerischen Weinbergen liegen direkt am Fluss. Das führte in der Folge dazu, dass ganze Ortschaften überschwemmt wurden. Menschen starben in den Fluten. Brücken, Autos und Häuser wurden zerstört, Infrastruktur wie Bahnhöfe und Straßen niedergerissen und demoliert. Die Bilder zeigen, welche zerstörerische Kraft die Ahr und ihre Ausläufer durch das Hochwasser hatten.

Schlamm und Zerstörung: So sah es Mitte Juli in der Gemeinde Ahrbrück aus.
Schlamm und Zerstörung: So sah es Mitte Juli in der Gemeinde Ahrbrück aus. © epd | Frank Schulze

Hochwasser im Ahrtal 2021 – das Ausmaß der Flut-Katastrophe

Jede Hochwasser-Katastrophe bringt furchtbare Schicksale mit sich – das Leid der Betroffenen ist immens. Betrachtet man die aktuelle Situation in ihrer Gesamtheit, lässt sich nach derzeitigem Stand zumindest sagen, dass die Zahl der Toten beim Hochwasser in Süddeutschland bisher deutlich geringer ausfällt als bei der Flut im Ahrtal.

Eine Bilanz der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal:

  • Unmittelbar durch die Flut an der Ahr starben 135 Menschen, dazu acht weitere Tote (Quelle: WDR)
  • 766 Verletzte gab es durch die Flut (Quelle: SWR)
  • 9.000 Häuser und 100 Brücken wurden zerstört oder beschädigt (Quelle: Tagesschau, Bundeszentrale für Politische Bildung)
  • 17.000 Menschen verloren ihr gesamtes Hab und Gut (Quelle: Bundeszentrale für Politische Bildung)
  • 10.000 Unternehmen waren von der Flut betroffen (Quelle: Bundeszentrale für Politische Bildung)
  • Der Gesamtschaden beläuft sich auf 8,5 Milliarden Euro (Quelle: Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft)
  • 655 Millionen Euro spendeten Privatpersonen und Unternehmen (Quelle: Deutsches Zentralinstitut für soziale Fragen)

Dass es beim aktuellen Hochwasser weniger Todesopfer gegeben hat, mag auch daran liegen, dass die Warnungen und Sicherheitsvorkehrungen in den Flut-Hotspots Bayern und Baden-Württemberg besser gegriffen haben könnten. Bestätigen lässt sich das derzeit allerdings nicht. Ein Vorwurf bei der Hochwasser-Katastrophe im Ahrtal: Die Warnungen für die Menschen in den betroffenen Gebieten seien zu spät gekommen.

Laut der Staatsanwaltschaft Koblenz sei das gezeigte Warnverhalten des Ahr-Landrats und der Technischen Einsatzleitung hinter dem gebotenen Standard geblieben. Allerdings gebe es keinen gesicherten Nachweis dafür, dass durch bessere Warnung der Tod zahlreicher Menschen hätte vermieden werden können. Aufgrund von Wahrscheinlichkeiten werde deshalb niemand verurteilt, hieß es im April. Die Ermittlungen und Anklagen zur Ahrtal-Katastrophe wurden eingestellt.

Wie ist die Situation jetzt im Ahrtal?

Tatsächlich hatten viele Menschen im Ahrtal keine Warn-Apps installiert oder die Warnungen darüber erreichten sie nicht, weil der Mobilfunk zusammengebrochen war, wie der SWR berichtet. Einige wurden von der Flut im Schlaf überrascht. Helfer berichteten außerdem von vereinzelten Personen, die renitentes Verhalten gezeigt haben sollen, was die Rettung erschwert habe.

Wie sieht es aktuell im Ahrtal aus? Laut „Rheinland-Pfalz Tourismus“ kämpfen viele Menschen noch immer mit den Folgen der Flutkatastrophe.

Freiwillige Helfer waren kurz nach dem Hochwasser 2021 in Ahrweiler damit beschäftigt, die durch die Flut mit Schlamm bedeckten Weinflaschen zu reinigen.
Freiwillige Helfer waren kurz nach dem Hochwasser 2021 in Ahrweiler damit beschäftigt, die durch die Flut mit Schlamm bedeckten Weinflaschen zu reinigen. © dpa | Thomas Frey

Mittlerweile haben viele Menschen ihre Häuser, Unternehmen und touristischen Angebote, zum Beispiel Gastronomien und Weinstuben, wieder aufgebaut. Immer mehr Betriebe öffnen und stehen zumindest wieder eingeschränkt zur Verfügung.

Ein Stück Lebensfreude ist ins Ahrtal zurückgekehrt. Bei einer Wanderung im malerischen Ort Dernau kann man verschiedene Weine probieren.
Ein Stück Lebensfreude ist ins Ahrtal zurückgekehrt. Bei einer Wanderung im malerischen Ort Dernau kann man verschiedene Weine probieren. © Thomas Frey/dpa | Unbekannt

Und dennoch: Der Wiederaufbau ist schwer, das Erlebte für viele Betroffene noch nicht verarbeitet, die finanzielle Förderung schwebend. Es ist ein langer Weg für die Menschen im Ahrtal, um die Folgen des Hochwassers 2021 zu bewältigen.